In Maschinen und Anlagen werden kontinuierlich Daten erzeugt. Wem es gelingt, diese in konkrete Innovationen zu überführen, der erschließt sich dadurch entscheidende Wettbewerbsvorteile. Mit einer anwenderfreundlichen Software macht Weidmüller Methoden der Künstlichen Intelligenz jetzt für Maschinenbauer und produzierende Unternehmen zugänglich.
Für die Analyse von Maschinen- und Prozessdaten mit Industrial Analytics werden komplexe Modelle verwendet, die in der Lage sind, Anomalien zu erkennen oder sogar zukünftiges Maschinenverhalten vorherzusagen. Dabei kommen Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) und des Machine Learning (ML) zum Einsatz, mit denen mit aus Rohdaten abgeleiteten Merkmalen bislang unbekannte Zusammenhänge zwischen Messwerten aufgedeckt werden können.
Kombiniertes Know-how erforderlich
In beinahe jedem Unternehmen sind die dafür erforderlichen Informationen vorhanden. Bei der Entwicklung aussagekräftiger Analysemodelle sind gerade mittelständische Unternehmen vielfach noch auf die externe Unterstützung von Data Scientists angewiesen. Um ohne den Ressourcenaufbau durch Data Scientists agieren zu können, hat Weidmüller eine wegweisende Lösung entwickelt. In enger Zusammenarbeit mit dem späteren Anwender identifizieren die Datenexperten relevante Korrelationen in den Messwerten und trainieren das Ausgangsmodell. Nach der erfolgreichen Anwendung wird das initiale Modell über den gesamten Lebenszyklus der Maschine wiederholt mit neuen Daten gefüttert und weiterentwickelt. So steigert sich die Aussagegüte mit der Zeit.
Maschinelles Lernen erlernen
Viele Maschinenbauer und produzierende Unternehmen können die verfügbaren Machine-Learning-Tools bislang nicht selbstständig nutzen, da ihre Bedienung für die datengetriebene Arbeit der Analytics-Experten optimiert wurde. Unternehmen haben also entweder die Möglichkeit, ihre vorhandenen Mitarbeiter für viel Geld weiterzubilden, oder selbst einen Data Scientist einzustellen. Daraus resultiert eine Hemmschwelle, die aktuell die Verbreitung von Künstlicher Intelligenz in der Industrie ausbremst.
Eine Alternative ist, Softwarelösungen so benutzerfreundlich zu gestalten, dass auch Anwender ohne statistische Ausbildung in der Lage sind, Analytics-Modelle zu verstehen und zu erzeugen. Diese Idee hat die Business Unit Industrial Analytics von Weidmüller mit der Automated-Machine-Learning-Software in die Tat umgesetzt. Die Bezeichnung der Anwendung beschreibt dabei, dass die Modelle weitestgehend automatisiert entwickelt werden.
„Ähnliche Anwendungen werden aktuell bereits in den Bereichen Fintech, Banking und Marketing eingesetzt. Für den Maschinen- und Anlagenbau eignen sich die bestehenden Lösungen jedoch nicht, da sie nicht auf relevanten Datentypen der Automatisierungsindustrie basieren. Sie erfordern stets eine ideale Datenbasis“, erläutert Dr. Carlos Paiz Gatica, Product Manager der BU Industrial Analytics. „Außerdem bieten sie keine Möglichkeit, das Domänenwissen des Anwenders zu integrieren, was jedoch essenziell für den Einsatz in der Industrie ist.“
Für die Automated-Machine-Learning-Software kombinieren die Analytics-Experten von Weidmüller die Daten und Angaben des Domänenexperten mit Algorithmen zur automatischen Generierung von geeigneten Modellen. Die nachfolgenden Arbeitsschritte beschreiben beispielhaft die Entwicklung eines Anomalieerkennungsmodells:
1. Auswahl der Trainingsdaten
Der Domänenexperte entscheidet, anhand welcher Datensets das Modell das Normalverhalten einer Maschine oder Anlage erlernen soll. Hierfür wird zunächst eine Übersicht über die Rohdaten erzeugt, die den Anwender dabei unterstützt, den Informationsgehalt der Daten zu bewerten. Die Aufbereitung der Messwerte erfolgt komplett automatisch.
2. Feature Engineering
Ist die Aussagekraft der Rohdaten nicht ausreichend, können auf ihrer Basis zusätzliche Informationen erzeugt werden. Der Anwender kann sein Domänenwissen heranziehen, um neue Features zu kreieren. Diese können beispielsweise den Verlauf einer Temperaturänderung darstellen, anstatt nur einzelne Zustände abzubilden. Anhand solcher Features lässt sich der Maschinenzustand oftmals besser bewerten als mit den Rohdaten.
3. Labeling des Maschinenverhaltens
Mit einem Label markiert der Nutzer Bereiche in den Daten, in denen ein normales (grün) oder unerwünschtes (rot) Verhalten vorliegt. Bei diesem Schritt hat der Anwender die Möglichkeit, mit seinem Domänenwissen den Informationsgehalt der Trainingsdaten zu erhöhen. Assistenzsysteme unterstützen den Labeling-Prozess, indem sie ähnliche Situationen im Datensatz direkt hervorheben.
4. Modelltraining
Die gelabelten Datensätze werden in Modelle überführt und mit verschiedenen ML-Verfahren trainiert. Aus diesem vollautomatischen Prozess resultiert eine Liste mit alternativen Modellen, die mit Hinweisen zur Ergebnisgüte, Ausführungszeit oder Trainingsdauer versehen werden. Der sogenannte Anomaly-Score-Plot stellt direkt Ergebnisse der Modelle graphisch dar, sodass der Experte die Leistung der Modelle direkt miteinander vergleichen kann. Ist die gewünschte Modellperformance noch nicht erreicht, kann der Nutzer die Features und Labels des Modells erneut bearbeiten. Anschließend kann das Modell direkt in die Architektur des Zielsystems überführt werden.
KI-Anwendungen in die Breite tragen
„Mit der Automated-Machine-Learning-Software bekommen Maschinenbauer und produzierende Unternehmen die Möglichkeit, sich die Vorteile von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning eigenständig zu erschließen, ohne selbst zu Datenexperten werden zu müssen“, so Paiz. „Die durchgängige Anwendung unterstützt die Anwender sowohl bei der initialen Modellerzeugung als auch bei der Weiterentwicklung. Auf diese Weise sind Unternehmen nicht mehr von der Ressource des Data Scientists abhängig und müssen ihr Prozess- und Maschinenwissen nicht an externe Partner weitergeben.“